
Dieses Kleid war schon ganz lange auf meiner Kopier-Liste.
Kann ja nicht so schwer sein, oder?
Aber ich sag's Euch, es hat mich sehr viele Nerven gekostet. SEHR viele!
Ich jeden Fehler gemacht, den man machen kann. Damit Euch nicht dasselbe passiert, habe ich es aufgeschrieben.
Ein Drama in fünf Akten
Die erste Hürde
Nahttaschen in einer Rechts-Links-Naht. Kennt Ihr das? Wenn man stundenlang überlegt, ob es jetzt so wirklich richtig ist, und dann macht man's erst recht falsch. So ging's mir hier. Den ersten Taschenbeutel habe ich so angenäht, dass, wenn ich den Schlitz in der Seitennaht reingreife, meine Hand außen auf dem Taschenbeutel landet. Und nicht IM Taschenbeutel.
Diverse Anläufe später, hat es dann endlich geklappt!
Hier ist die fertige Tasche:

Soll ich dafür ein eigenes Tutorial machen? Schreib's mir als Kommentar!
Zweite Hürde
Das Kräuseln. Aber hier kann mir niemand was vormachen! HA! Dazu habe ich nämlich einen coolen Trick von einer Schneiderin aus dem Theater gelernt. Man nehme ein dickeres Garn und zick-zacke mit der Nähmaschine darüber, ohne das Reihgarn mitzufassen. Man zackelt sozusagen einen Kanal über das Reihgarn. Das macht man zweimal, damit man zwei parallele Reihgarn-Reihen hat. (Das Ergebnis wird dann einfach schöner.)
So kann man den Stoff super zusammenziehen und die gewünschte Weite mit Knoten im Reihgarn fixieren. Ich hab's zuerst mit Stecknadeln gemacht (siehe Bild). Aber Knoten sind besser!
erst die "Kanäle" zackeln...

dann anreihen.

Ich war sehr froh an meinen stabilen Falten! So oft wie ich das Rockteil wieder abtrennen musste. Ihr werdet's gleich sehen.
Kommen wir direkt zu Hürde Nummer drei.
Bei diesem Kleid ist das Oberteil aus Jersey und das Rockteil aus Popeline. Womit ich überhaupt nicht gerechnet habe, ist, dass der Popeline so schwer ist (er fühlt sich überhaupt nicht schwer an!), dass er den Jersey komplett nach unten zieht. Ich hatte alles genau ausgemessen, aber beim Anziehen war das Kleid fast bodenlang und die Tascheneingriffe auf Kniehöhe.

Naja.
Immerhin kann ich noch darüber lachen.
Habe ich das Reihgarn möglicherweise auf die falsche Seite gesteppt?
Vielleicht.
Lösung: Rockteil nochmal abtrennen und das Oberteil entsprechend kürzen.
Das hat zwar funktioniert, führte aber direkt zu Hürde Nummer 4:
Die eigene Blödheit. Ich schiebe es auf die Stoffmassen und die Hitze. (Als ich das Kleid genäht habe, war es sehr heiß.) Ich traue es mich fast nicht zu sagen, aber beim zweiten Mal habe ich das Rockteil mit der linken Seite nach außen angenäht. Peinlich, peinlich!
Weil es noch nicht genug Hürden waren: Der 5. Akt
Diesmal sah es FAST gut aus, aber nur fast. Als ich das Kleid angezogen habe, war eine Naht genau in der vorderen Mitte - gut sichtbar. Hä? Wie ist denn das passiert? Die genaue Analyse bleibt schwammig. So lassen konnte ich jedenfalls nicht. Von diesem Zwischenstadium gibt es leider kein Foto. Da war ich zu frustriert zum Fotografieren.
Also habe ich das Rockteil zum zweiten Mal abgetrennt, und mir das Originalkleid noch einmal genau angeschaut. Die Schwierigkeit ist nämlich, dass der Rock nicht nur gekräuselt, sondern zustätzlich vorn und hinten eine tiefe Falte hat. Diese Falten haben mir wieder alles an Hirnschmalz abverlangt. Nachschauen, stecken, irgendwas stimmt noch nicht, hä?, wo ist die vordere Mitte? Wieso ist die Falte plötzlich nur noch halb so tief? Da stimmt doch was nicht! Nochmal von vorne. Und so weiter, bis ich endlich, endlich zufrieden war.
Und hier FINALLY das Ergebnis!
Original

Kopie

Ein paar Änderungen habe ich absichtlich gemacht. Ich habe den Halsauschnitt vergrößert und die Ärmel gekürzt. Es gibt auch einen deutlichen Farbunterschied zwischen Ober- und Rockteil, weil es schwierig ist, zwei unterschiedliche Stoffe in genau demselben Farbton zu bekommen. Aber das stört mich nicht.
Fazit:
Ich finde, die Arbeit hat sich gelohnt. Ich mag mein neues Kleid! Es ist nicht ganz perfekt, aber dann passt es umso besser zu mir. Haha!
Welches Projekt hat Dir zuletzt so viel abverlangt?
Grandios! Danke für die HInweise darauf was alles schiefgehen kann.
Aber: was länge währte, wurde wirklich gut! Sieht hervorragend aus, und die Änderungen passen auch genau, finde ich. Kompliment!
Oh, vielen Dank!