Streifen - wer liebt sie nicht?

Ich tu's. Bestimmt die Hälfte meiner Oberteile sind geringelt. Damit bin in ich bester Gesellschaft. Coco Chanel, Picasso und Jean Paul Gaultier können nicht irren, oder?

Aber das ist auch egal. Mir gefällt's. Punkt. Das ist Grund genug, einen wunderschönen blau-weiß geringelten Interlock zu kaufen, der mich im Stoffgeschäft angelacht hat.

Einen Schnitt habe ich auch - na klar- der Schnitt meines alten Lieblingspullovers!

Aber jetzt kommt's:

Wie schneidet man einen geringelten Stoff so zu, dass die Streifen an der Seitennaht passen?


Mit viel, viel Geduld! Häufiges Stofftätscheln inbegriffen.

Aber der Reihe nach.

Erstens: Den Stoff umklappen

Mein Pulli hat keine Naht in der vorderen und hinteren Mitte, deshalb falte ich meinen Stoff nicht in der Mitte zum Stoffbruch, sondern klappe ihn nur soweit um, dass mein halbes Rückenteil Platz hat. So sehe ich auch, ob die Streifen aufeinanderliegen.

Der Stoff ist um ca. ein Drittel umgefaltet, so dass die Stoffkante in der Mitte liegt. Die Streifen stimmen überein.
Der Stoff ist mittelblau-weiß geringelt.Die blauen Streifen sind etwas schmäler (ca. 1 cm) als die weißen (ca. 1,5 cm).

Das Problem bei Strickstoffen bzw. Jerseys ist oft, dass sie verzogen sind oder einen Drall haben. Deshalb klingt es einfacher als es ist, den Stoff so umzufalten, dass die Streifen auch wirklich aufeinanderliegen.

Hier kommt das zuvor erwähnte Stofftätscheln zum Einsatz. Die wichtigste Eigenschaft, die Du dazu brauchst, ist sehr viel Geduld!

Zweitens: Ich beginne mit dem Rückenteil

Wenn das geschafft ist, lege ich mein Rückenteil am Stoffbruch an, beschwere es mit Stoffgewichten (oder großen Flusskieseln), zeichne mit Schneiderkreide das Rückenteil auf den Stoff und schneide es anschließend aus. Alles ganz normal.

Aber jetzt kommt der Trick!

Suchbild 🙂

Das zugschnittene Rückenteil liegt offen auf dem restlichen Streifenstoff. Die Streifen stimmen überein, so dass man das Rückenteil kaum sieht.

Kannst Du das Rückenteil erkennen?

Mein Vorder- und mein Rückenteil unterscheiden sich nur beim Halsausschnitt. Deshalb schneide ich zuerst ein zweites Rückenteil zu und ändere später nur die Ausschnitttiefe. Ich lege also mein Rückenteil offen rechts auf rechts wieder auf den Stoff, so wie ich die beiden Teile später auch zusammennähe.

Dabei achte ich peinlich genau darauf, dass die Streifen genau aufeinanderliegen. Auch hier ist fleißiges Tätscheln angesagt.

Es klingt tatsächlich einfacher, als es ist. Wenn es endlich geschafft ist, dass das Rückenteil so auf dem Stoff liegt, dass es mit den Streifen übereinstimmt, schneide ich entlang der Schnittkante das zweite Rückenteil aus.

Das Rückenteil auf dem Stoff in Nahaufnahme

Hier nochmal in Nahaufnahme

Drittens: Aus Rücken- wird Vorderteil

Anschließend lege ich das zweite Rückenteil im Stoffbruch zur Hälfte, lege meinen Vorderteilschnitt auf und korrigiere den Halsausschnitt. Und schwupps ist aus meinem zweiten Rückenteil ein Vorderteil geworden.

Ich lege den Vorderteil schnitt auf das 2. Rückenteil und passe den Halsausschnitt an. Meine linke Hand hält das Schnittteil in Position, die Schneiderkreide liegt bereit.

Jetzt nur noch den Halsausschnitt korrigieren

Viertens: Ärmel und Belege

Beim Ärmel mache ich es genau wie beim Vorder- und Rückenteil. Da mein Ärmelschnitt symmetrisch ist, kann ich den Stoff so in den Bruch legen, dass die Streifen stimmen. 

Dann falte ich meinen Ärmelschnitt zur Hälfte, zeichne mit Schneiderkreide den Umriss auf den Stoff und schneide den ersten Ärmel zu. Danach klappe ich den Ärmel auf, lege ihn wieder rechts auf rechts auf den Stoff, dass die Streifen übereinstimmen und schneide entlang der Schnittkante den zweiten Ärmel zu.

Bei den Halsbelegen achte ich nicht mehr auf das Muster. Genug ist genug!

Fazit

Am Zuschneiden kann es jetzt nicht mehr liegen, wenn die Streifen an den Nähten nicht zusammenpassen.

Worauf ich beim Nähen achte, das verrate ich beim nächsten Mal!


Bonus

Hast Du Dir schon einmal überlegt, wie das Zuschneiden von gemusterten Stoffen im großen Stil vonstatten geht?

Damit mehrere Stofflagen gleichzeitig zugschnitten werden können, wird der Stoff "genadelt".

Dazu werden spezielle Nadeln benötigt, die auf dem Zuschneidetisch platziert werden. Die einzelnen Stofflagen werden dann genau nach Muster auf diese Nadeln aufgepiekst.

Das gilt natürlich nicht nur für Streifen, sondern für alle gemusterten Stoffe, bei denen das Muster an den Nähten passen soll. Es ist ziemlich aufwendig und zeitraubend. Vielleicht bist Du das nächste Mal gnädiger, wenn Du beim Shopping ein Kleidungstück siehst, bei dem das Muster nicht genau stimmt.

Leider habe ich nur wenige Anschauungsbeispiele gefunden. Dieses kleine Short hier:

Und hier einen Prospekt für einen echten Profi-Nadeltisch:  Veith Nadeltisch
Da bekommt man eine kleine Ahnung, was Musterzuschnitt bedeutet.

Hast Du das gewusst?

  • Liebe Sabine,
    sehr schön erklärt und das Video ist toll. Ich kann mich noch lebhaft an die Nadeltische beim Zuschnitt der Wolljacken und Karoröcke bei meinem ersten Industriepraktikum erinnern. Wirklich eine heftige Arbeit. Gott sei dank braucht man die beim Einzelzuschnitt nicht.
    LG Astrid

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